
Kuppeln sind seit den Anfängen der Architekturgeschichte Beobachtungs-
stationen (der Götter, oder ihrer irdischen Stellvertreter, der Vögel?). Es ist also nicht verwunderlich, dass der zur Ausführung bestimmte Entwurf für eine Vogelbeobachtungsstation am Balaton (Plattensee) in Ungarn einen Kuppelbau vorsah.
Die Öffnung der Kuppel heisst oculus, Äuglein, womit der Sichtbezug zwischen Innen und Aussen betont wird. Das Wort Kuppel stammt aus dem Diminutivum der lateinischen cupa, was «Tonne, grösseres Holzgefäss» bedeutet. Und drei grössere Holzgefässe wollten wir im Naturreservat Kis-Balaton bauen. Diese kleine Kuppel-Etymologie zeigt auch, dass Kuppeln, wie alle Baukonstruktionen, sowohl nach der Art ihrer Errichtung als auch nach ihrer Bedeutung untersucht werden können. Im einen Fall interessierten uns, wie und mit welcher Technik die Kuppel gebaut wurde, im anderen, wie sie wahrgenommen und verstanden wird, also deren kognitiven und ästhetischen Bezüge. Die kosmologische, religiöse oder politische Symbolik der Kuppel steht meistens im Zentrum kunsthistorischer Untersuchungen, die Konstruktionsweise andererseits ist traditionellerweise ein Thema bautechnischer Handbücher …
Ákos Moravánszky
1:1 Woodworks
Ein experimenteller Massivbau
Mit Beiträgen von Andrea Deplazes und Ákos Moravánszky
gta Verlag
ISBN: 3-85676-128-4
2003